Die Geschichte des Weinbaus in Italien

„Sag mir Quando, sag mir wann..."
Italien und Wein synonym zu verwenden ginge vielleicht etwas zu weit, doch man kann sicher von der Wiege des Weinbaus sprechen. Seit jeher prägt der Weinbau die Kultur des Landes. In praktisch jeder Provinz wird Wein angebaut, Weinreben gestalten das Landschaftsbild und Wein gehört schlicht zum Alltag. Keine Mahlzeit ohne ein Gläschen Wein. Diese Vielfalt begeistert Weinkenner auf der ganzen Welt und nach wie vor ist italienischer Wein äußert beliebt – auch in Deutschland. Italien ist der größte Weinproduzent weltweit. Beim Import ausländischer Weine führt auch „Bella Italia“ die Liste an, wie die Statistik des Deutschen Weininstituts zeigt

Die Ausgangsfrage bleibt: Wann soll man beginnen und welche Aspekte sind die „Wichtigen“ in dieser langen Historie des italienischen Weinbaus. Noch dazu hat jede der 20 Weinbauregionen ihre ganz eigene Geschichte, die wir im Einzelnen auf den weiteren Seiten des Blogs beleuchten. Es muss also der Versuch bleiben, mit einem Parforceritt durch die Weingeschichte Italiens, einige interessante Fakten herauszugreifen.

Alte Rebstöcke
Alte Reben
Die Geschichte des Weinbaus in Italien reicht mehr als 3.000 Jahre zurück. Die Ausgangspunkte für die italienische Weinkultur bildeten die griechischen Kolonien in Süditalien, aber auch die Etrusker in Mittelitalien, die erstmals Wein auf dem Gebiet des heutigen Italiens kultivierten. Im 1. Jahrhundert v. Chr. erreichte die Weinkultur einen ersten Höhepunkt. Mit der Ausdehnung des Römischen Reiches breitete sich die Weinbaukultur auch in weiteren europäischen Regionen aus. Die Römer pflanzten Rebstöcke in Frankreich, Spanien, Portugal und auch Deutschland und ein reger Handel entwickelte sich. Sie verfeinerten die erlernte Kunst des Weinbereitens, denn die Römer verstanden sich darauf, die Techniken weiterzuentwickeln. Eine Besonderheit war das Aromatisieren, das den Wein geschmackvoller und haltbarer machte. Darüber hinaus beschäftigten sich die Römer mit der Züchtung neuer Reben, um sie den geologischen und klimatischen Bedingungen anzupassen. Bis zu seiner Zerstörung durch den Ausbruch des Vesuvs im Jahre 79 war Pompeji das Zentrum des römischen Weinhandels. Zahlreiche römische Autoren verfassten wissenschaftliche und poetische Schriften über den Weinbau, die von der großen Bedeutung des Weins zu jener Zeit zeugen.

Mit dem Zusammenbruch des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert geriet auch die ausgeprägte Weinkultur weitgehend in Vergessenheit und die Qualität des Weins nahm rapide ab. Ordensklöster der römisch-katholischen Kirche hielten die Produktion, vor allem von Messwein, aufrecht. Ebenso geriet der Handel ins Stocken. Erst als die Städten Genua, Florenz und Venedig zu bedeutsamen wirtschaftspolitischen Zentren in Europa aufstiegen, florierte der Handel u.a. mit Luxusgütern wie Wein und Seide wieder. Florenz entwickelte sich im 14. Jahrhundert zur Bankenhauptstadt Europas. Zu dieser Zeit hat auch das berühmte Haus Antinori seinen Ursprung. Die Händlerfamilie investierte einen Teil der Gewinne aus dem Bankgeschäft in den Weinhandel der Toskana und erwarb zahlreiche Ländereien.

Zu Beginn der Renaissance gab es seitens des Papstes Bestrebungen die Weinbaukultur wiederzubeleben. Eine detaillierte Übersicht der damaligen italienischen Weine sollte helfen die Qualität durch gezielte Herkunftsbezeichnungen zu steigern. In der Tat ist Italien eines der ersten Länder mit Herkunftsbezeichnungen. 
Erst ab dem 19. Jahrhunderts kann allerdings von einem wirklichen Neubeginn gesprochen werden, als unter tatkräftiger französischer Mithilfe die Weintypen Barolo, Brunello und Chianti geschaffen wurden.

Stadtpanorama mit Kirchturm und Weinglas
Italien - Land der Sehnsucht
Im Jahre 1963 sorgte die Einführung eines neuen Weingesetzes für eine umfassende Ordnung der Qualitätsbezeichnungen und führte so zu einem deutlichen Anstieg der Wein-Qualität. Nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1960er Jahre hinein setzten italienische Winzer eher auf Masse statt Klasse. 1980 wurde die höchste Kategorie für die allerbesten Weine eingeführt und 1992 erfolgte eine weitere Änderung im Weingesetz, die eine noch stärkere Regionalisierung beinhaltete. 2010 schließlich trat ein neues nationales Weingesetz, basierend auf der EU-Weinmarktverordnung, mit grundlegenden Änderungen der Weinbezeichnungen und Qualitätsstufen in Kraft. Damit, so lässt sich konstatieren, hat sich der Wein innerhalb des letzten Drittels des 20. Jahrhunderts stärker verändert als in tausend Jahren zuvor. Trotz aller Änderungen bleibt festzuhalten, dass einige der italienischen Rebsorten – 400 von 1000 sind im Regelwerk der DOC zugelassen - noch antiken Ursprungs sind.

An dieser Stelle soll der Parforceritt durch die Weingeschichte Italiens enden. Sicher konnten nicht alle Aspekte beleuchtet werden. Das Schöne ist aber doch: Abseits der offiziellen, faktenbasierten Geschichte des Weinbaus hat wohl jeder eine ganz individuelle Geschichte mit und über italienische Weine zu erzählen oder ganz persönliche Erinnerungen und Eindrücke beim Reisen mitgenommen. Im kollektiven Gedächtnis vieler Deutscher beispielsweise, ob selbst erlebt oder durch Erzählungen und Dokumentationen tradiert, ist Italien für die 1950er und 1960er Jahre als Land der Sehnsucht verankert. In der Zeit des Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Italien zum beliebten Reiseziel. So kam man erstmals mit der italienischen Kultur, und dazu gehört selbstverständlich der Wein in Berührung. Italienische Weine – z.B. Barolo, Chianti, Frascati oder Lambrusco - wurden in die deutsche Alltagskultur übernommen. Nicht ohne Grund bezeichnet sich die Weinbauregion Pfalz als deutsche Toskana. Eine der wichtigsten Weinbauregionen Italiens steht synonym für ausgezeichnete Weine, Dolce Vita und Genuss pur.

In diesem Sinne - zum Wohl und Alla salute!